Zurück zur Taverne

PnP Geschichten, vergangenes & auch zukünftiges

PnP Geschichten, vergangenes & auch zukünftiges

Beitragvon ManuaX » 25. November 2022, 19:48

Hallo Leute,

da ich sehe das einige von euch schon mal PnP gespielt haben würde ich gerne hier mit euch darüber reden.
Welche Spiele habt Ihr gespielt ?
wie lange ?
Online oder Realife am Tisch?
War von euch schonmal jemand selbst GM (Spielleiter)

Ich spiele schon seit über 5 Jahren regelmäßig Pathfinder in einer onlinerunde meist im 14 Tägigen Rhythmus und es macht noch immer riesen spaß ^,^

lg ManuaX
ManuaX
 
Beiträge: 162
Registriert: 21. Oktober 2022, 13:40

Re: PnP Geschichten, vergangenes & auch zukünftiges

Beitragvon Dwain Zwerg » 26. November 2022, 14:37

Hallo ManuX,
ich habe tatsächlich schon mal PnP gespielt: Midgard. Die Spielegruppe ist aber schon vor Jahren auseinandergebrochen.
LG,
Dwain
Dwain Zwerg
 
Beiträge: 962
Registriert: 20. Oktober 2018, 11:26
Wohnort: HH

Re: PnP Geschichten, vergangenes & auch zukünftiges

Beitragvon TroII » 26. November 2022, 21:31

Lustigerweise hatten wir just heute die erste Sitzung in unserer neu gegründeten Pathfinder-Runde. :D

Mein Aasimar-Orakel, das keine seiner schlimmen Visionen verhindern kann, hat zusammen mit einer säureschießenden Gnomin, einem gierigen Vogelmenschen und einem draufgängerischen Halb-Ork einen Händler aus einer Goblin-verseuchten Ruine befreit. ;)


Ansonsten habe ich vor allem Erfahrung in DSA. Da bin ich jetzt auch in sowas wie einer Runde, da wir keinen Meister haben, wollen wir uns da ein paar Mal abwechseln und dann weitersehen. (Das wird dann meine erste Meister-Erfahrung.)
In der Vergangenheit hat keine meiner Rollenspielrunde länger durchgehalten - vielleicht wird das jetzt anders. :)
Benutzeravatar
TroII
 
Beiträge: 4839
Registriert: 16. März 2015, 17:50
Wohnort: In einer gemütlichen Höhle im Grauen Gebirge (Im Sommer im Rietland)

Re: PnP Geschichten, vergangenes & auch zukünftiges

Beitragvon Moai » 26. November 2022, 22:25

Vor langer Zeit (in meiner Schul- und Abiphase) haben wir uns jedes Wochenende regelmäßig getroffen und im Laufe der Zeit verschiedene PnP gespielt bzw. ausprobiert.

Das Schwarze Auge war das, was am längsten "durchgehalten" hat. Dann kamen später auch noch Midgard dazu, dann für eine ganze Weile auch noch Earthdawn und hin und wieder haben wir auch einen Abstecher Richtung Shadowrun gemacht, um etwas Abwechslung zu haben. Aber nach der Schulzeit hat sich das nach und nach verlaufen.
Und heute findet sich kaum noch jemand, der Interesse daran hat.

LG Moai
Moai
 
Beiträge: 3852
Registriert: 15. Februar 2016, 17:25
Wohnort: Auf der Insel der Steinköpfe

Re: PnP Geschichten, vergangenes & auch zukünftiges

Beitragvon ManuaX » 27. November 2022, 00:03

Hi,
Das ist schön zu hören das hier viele gleichgesinnte sind. :)

Für alle die keine Leute finden, aber gerne mal wieder spielen wollten:
Online gibt es mit https://roll20.net/
Eine Plattform in der fast alle gängigen Spiele abgelegt sind. Man macht alles im Browser und pflegt auch dort seine Charaktere und würfelt dort auch.
Und sprachchats über zb Discord oder ähnliches sind nach corona normal.

Ich schreibe das als Info, weil es in einer passenden Gruppe einfach zu viel Spaß macht als das man es nicht versucht.

Es gibt Foren in denen SL immer mal wieder Spieler suchen und in Gruppen mit 5-6 sp + SL kann auch wenn 2-3 fehlen trotzdem gespielt werden.

Ich spreche aus Erfahrung :mrgreen:

Gut dann noch eine Story aus den Anfängen von mir:

Als ich an einer Tisch runde nach den ersten Spielen mehr und mehr ins regelwerk verstanden habe, so war ich stolz auf den Elfen, waldläufer und tealet für Bogen.
SL hat so ein, Gladiator Trainer und Arena gespielt. Ich wollte mich beweisen und habe Demonstration zeigen wollen wie gut ich bin.

Tja mit dem W20 hätte ne 2 oder 3 gereicht aber was ist passiert? 3 natürliche 1 hinter einander!
Bei der ersten dem Meister vor die Füße geschossen (schön vom SL unzermalt :roll: )

Beim 2 lag die ganze tischrunde lachend und grölend unter tisch :?
Der SL auch meinte dann die sene hätte mir das Ohr abgetrennt und ich bekomme 1W6 Schaden.
Ich dachte leck mich a...
Beim 3. Mal dachte ich der Tisch geht jetzt kaputt! Nach 15 min sagte ger SL nur ich sollte mir nen anderen Charkter machen, der magische Bogen ist zerbrochen, habe den Trainer angeschossen worauf hin ich erschlagen wurde ...

Danach wurde es deutlich besser :lol: 8-)
ManuaX
 
Beiträge: 162
Registriert: 21. Oktober 2022, 13:40

Re: PnP Geschichten, vergangenes & auch zukünftiges

Beitragvon Galaphil » 27. November 2022, 00:22

Auch hier von mir ein kurzes Feedback:

Rollenspiele haben mich seit 1987 fasziniert, damals begann alles mit Midgard (3. Edition) und MERS (Mittelerderollenspiel) als begeisterte Herr der Ringe Fans.
Aus MERS wurde Rolemaster und dann folgten unzählige Abenteuer und Hintergrundbeschreibungen über Mittelerde im 18. Jhdt 3. ZA von Iron Crown Enterprise.
Im Jahr 1993, nach der Trennung von meiner ersten großen Freundin baute ich eine Riesenkampagne als SL auf, die mit über 20 Spielern in teils 5 parallelen Gruppen annähernd 20 Jahre dauerte. Danach zerbrachen die letzten Gruppen daran, dass die Leute älter wurden, Familien gründeten, wegzogen, Häuser bauten. Ein paar Jahre konnte ich noch über Emailverkehr eine Runde offenhalten, aber irgendwann, vor 7 oder 8 Jahren, fiel der letzte Vorhang.
System und Welt am Ende war Midgard, 5. Edition. Mittelerde war uns/mir einfach zu klein geworden.

Teilweise habe ich noch Mitschriften/nachgeschriebene romanartige Erzählungen, aber wie bei den Legenden von Andor ist oft nicht mehr so recht klar, was war wahr und was nicht, und wie endeten die meisten der Familiengeschichten (tatsächlich spielte ich über drei Generationen an Spielercharaktere!).

Tja, es war eine schöne Zeit, aber sie ist vorbei. Heute ist mir selbst die eigene Familie wichtiger, und ob ich je mit den eigenen Kindern wieder rollenspielen werde steht noch in den Sternen.

Lieben Gruß, Galaphil
Galaphil
 
Beiträge: 6618
Registriert: 11. Oktober 2015, 20:46

Re: PnP Geschichten, vergangenes & auch zukünftiges

Beitragvon ManuaX » 27. November 2022, 00:42

@ Galaphil

Danke für deine ausführliche Geschichte respekt!
Zu den Kids, ich habe versucht mit unserem Neffen zu spielen im kleinen kleinen, er ist erst 9 aber Spaß hatten wir trotzdem.
Was denkst du wäre das passende Alter?
Wenn er Andor kan ist er bereit :-)

Lg Manu
ManuaX
 
Beiträge: 162
Registriert: 21. Oktober 2022, 13:40

Re: PnP Geschichten, vergangenes & auch zukünftiges

Beitragvon Butterbrotbär » 27. November 2022, 22:40

Ah, wenn so ein Orakel nicht perfekt zu unserem TroII passt! :lol:

Ich habe in den letzten Jahren schon einige Tage als Homunkulus-Alchimist in Aventurien (DSA) verbracht, die letzte Runde ist inzwischen aber auch schon einige Monate her.
Und im Bücherregal stehen noch einige Splittermond-Regelbände aus einer Zeit, wo wir als Kinder mit Freunden in Lorakis Geschichten erzählten und erlebten. War auch eine großartige Zeit! :D

LG BBB
Benutzeravatar
Butterbrotbär
 
Beiträge: 2961
Registriert: 26. Februar 2019, 20:56
Wohnort: Die gemütliche Hütte des Butterbrotbären natürlich^^

Re: PnP Geschichten, vergangenes & auch zukünftiges

Beitragvon ManuaX » 28. November 2022, 23:15

Hi, ihr könnt ja von euren großartigen Abenteuer von den Situationen berichte die so besonders waren das sie euch noch bis heute in Erinnerung geblieben sind...

Dann wenn auf extremes Würfel pech oder Glück ein ebenso atemberaubendes rollplay trift und alle nur noch lachend oder fassungslos staunend sich die Augen reiben.

Zb wo jemand in ein turm/haus wollte die wache aber nö sagte. Der spiele sich dan rein schleichen wollte...
Der GM dann wie er das bewerkstelligen möchte er wir am helichten Tag von der wachrufend beobachtet...
Er trocken, er lenkt die wache ab, zieht die kaputze auf usw.
Der gm nee
Der Spieler erzählt dem gm ein Witz das der lachend weg schreit der spiele gut in den neben Raum und ruft "darf ich jetzt auf heimlichkeit würfeln?"

Usw usw nach 3 natürlichen 20 auf nem D20 war er drin und kam zur überauschung auch lebendig wieder raus.

Man haben wir damals gelacht !

Lg ManuaX
ManuaX
 
Beiträge: 162
Registriert: 21. Oktober 2022, 13:40

Re: PnP Geschichten, vergangenes & auch zukünftiges

Beitragvon Galaphil » 28. November 2022, 23:37

Oh, in so kurzen Worten kann ich definitiv keine meiner Geschichten erzählen. Im Gegenteil, nach dem Spielen wurden sie noch ausgefeilt und in eine erzählerische Form gebracht. So entstanden mehrere hunderte, weit über tausend A4 Seiten an Geschichten, die sich in meinen Rollenspielen zugetragen hatten.

Als kleinen Leckerbissen kann ich hier drei Fragmente von meiner letzten begonnenen Gruppe, die nur mehr über Email spielte, einstellen.

Fragment Thalassa 1 hat geschrieben:„Los, schneller! Schneller! Und abbremsen!“
Stella kam keuchend zu stehen.
„Und hoch! Und lauf! Schneller! Nicht so lahm! Und abbremsen!“
Ihr Puls pochte lautstark und rasend schnell in ihren Ohren, schneller als sie laufen konnte. Und sie fürchtete, dass es nicht das letzte Mal war. Aber ihre Beine konnten fast nicht mehr und auch ihr Kreislauf machte kaum mehr mit.
Da kam auch schon die unerbittliche Stimme wieder:
„Und noch einmal. Auf, und hopp! Schneller! Schneller! Nicht so langsam! Und aus!“

Stella fiel wie ein voller Sack Kartoffel zu Boden, alles drehte sich vor ihren Augen. Sie konnte nicht mehr. Wie oft war sie jetzt plötzlich losgesprintet und hatte nach einigen Metern abrupt abbremsen müssen? Ungezählte Male! Ihre Beine schmerzten, ihre Lungen schmerzten, ihr Kopf hatte soviel Druck, dass sie fürchtete, ihre Augen würden ihr gleich aus den Höhlen fallen! Vorerst aber war sie froh, flach am Boden liegen zu können, das Kurzschwert lag neben ihr, ihr Körper hob und senkte sich konvulsivisch, ihre Lungen brannten.

„Das muss noch besser werden! Du bist zu langsam!“

Tränen traten ihr wieder in die Augen. Sie hatte sich so bemüht, hatte ihre letzten Reserven gegeben. Sie hatte noch nie in ihren Leben so hart körperlich trainiert. Und trotzdem war es zuwenig. Und das Schlimmste: sie wusste selbst, dass die Stimme recht hatte! Sie wusste es, weil sie die anderen gesehen hatte. Bei deren Training. Aber sie konnte nicht schneller! Sie konnte nicht mehr! Sie versuchte jetzt schon alles, um ihre Ausbildnerin nicht zu enttäuschen, aber es klappte nicht. Sie bewunderte Kaylin oder Ronja, die aus dem Nichts heraus losstarten und eine Strohpuppe in 5 Meter Entfernung köpfen konnte, ohne dass sie selbst auch nur ihre Waffe ziehen oder einen Schritt weit gehen konnte! Und die zogen dabei auch noch ihre Waffe!

„Los, aufstehen!“

Sie riss sich aus ihren Gedanken. Das konnte doch nicht sein, dass die Pause schon vorbei war. Instinktiv griff sie zur Seite, hob das Kurzschwert und sprang so schnell wie möglich auf. Ihr Gesicht war schwarz vom Lavastaub, der überall herumlag, vermischt mit ihren salzigen Tränen. Sie versuchte sich zu konzentrieren.

„Angreifen!“

Stella rannte los, versuchte geradlinig das Kurzschwert in die dunkle Gestalt zu rammen, aber diese war einen Hauch zur Seite gewichen, sie sah gerade noch, wie ihre Gegnerin den kurzen Stock um die Achse drehte, dann spürte sie den harten, peinigenden Schmerz, als sie sich selbst den Stock in die Seite rammte! Sie wurde ausgehebelt, mühelos hob ihre Ausbildnerin sie hoch und ließ sie, den Schwung ausnutzend, in hohen Bogen wieder in den Staub fallen. Das Ganze dauerte keine Sekunde, dann war alles vorbei. Stella hatte fürchterliche Schmerzen in der Seite, aber noch fehlte ihr die Luft, um sich den Schmerz von der Seele zu schreien.
Sie spürte den Schatten, der über ihr stand.

„Mann, da draußen wärest du schneller tot, als du schauen könntest! Jeder normale Krieger hätte dich jetzt gekillt! Wie kann man nur SO seine Abwehr vernachlässigen, so offen losstürmen!?“

Stella weinte hemmungslos, als der Schatten über ihr verschwand und sie die Schritte sich entfernen hörte. Der Schmerz in der Seite war fürchterlich, aber noch schlimmer war das Gefühl, versagt zu haben. Flach blieb sie am Boden liegen, zerstört, von Tränen und Schmerzen geschüttelt. Hilflos.

Irgendwann griffen Hände nach ihr und drehten sie um. Durch den Schleier vor ihren Augen sah sie einen hellen und einen dunklen Fleck. „Oh Mann, wie schaust denn du aus?“ Sie hörte die mitleidige Stimme, die ihr bekannt vorkam. Sanft wurde sie hochgehoben, was aber ihr Körper nicht zu vertragen schien, denn sofort spürte sie eine brennende Flüssigkeit, die aus dem Zentrum des Schmerzes kam und keuchend würgte sie ihren Mageninhalt hervor. Eine gelbe, brennend- heiße Flüssigkeit, mit Essensresten versetzt.

„Verdammt, was haben sie nur mit dir gemacht! Das ist ja schrecklich!“ Schnell drehte Ronja Stella zur Seite und half ihr, sich zu erbrechen, so dass sie nicht erstickte. Stellas Körper pumpte in ihrem Arm und das völlig verdreckte Mädchen war kaum fähig, ihren Körper unter Kontrolle zu halten. „Schnell, hol Salbeiextrakt.“ Wieder Ronjas Stimme. Sofort bewegten sich Schritte fort, während ihr Ronja vorsichtig half und sanft auf sie einredete. Die Stimme tat ihr gut, beruhigte sie etwas, nahm ihr die Scham, die sie empfand. Sie hatte sich noch nie übergeben müssen und hatte das immer schrecklich gefunden, aber jetzt war sie froh, dass ihr Körper irgendwie reagierte – im Gegensatz zu anfangs – und dass jemand da war, der ihr half und wusste, was zu tun war. Außerdem schien es jetzt, dass der Pfropf, der sie gelähmt hatte, endlich heraußen war. Zwar pochte der Schmerz in ihrer Seite jetzt umso wilder, aber Ronja tat ihr Bestes, um ihr zu helfen und sie schien genau zu wissen, woher der Schmerz kam.

„Armes Mädchen, was hat sie nur mit dir gemacht?! DAS wäre doch nicht nötig gewesen. Das hätte dich umbringen können!“
Stella war so froh, dass Ronja bei ihr war und ihr half. Sie im Arm hielt und vorsichtig ihre Seite freilegte, die völlig blutunterlaufen war. Vorsichtig sah sich Ronja nun den Schaden an und versuchte, das Blut zu verteilen, ohne Stella zu große Schmerzen zu bereiten. Aber so, wie die Wunde aussah, würde sich Stella jetzt einige Zeit nicht mehr selbst bewegen können. Es war offensichtlich knapp gewesen, der Schlag war mordsmäßig gut geführt – wie nicht anders zu erwarten war, bei DER Trainerin. Vorerst aber musste sie Stella soweit zusammenflicken, dass sie sie schadlos hineintragen und hinlegen konnten.

„Ah, danke! Und jetzt geh bitte rein, und frag Semorphe, ob sie eine schmerzstillende Salbe hat. Wenn nicht, dann einfach Eis. Das betäubt den Schmerz ebenso. – Hier, trink mein Schatz!“

Stella spürte den Rand der Trinkschale auf ihren Lippen, dann forderte sie Ronja sanft auf, zu schlucken, auch wenn es wehtun würde. Eine bittere Flüssigkeit bahnte sich den Weg von ihrem Hals hinunter, sie musste husten, doch Ronja zwang sie, weiter zu schlucken! Es brannte höllisch, aber gleichzeitig betäubte es das lodernde Feuer in ihr, das von der Seite ausging.

„Ja, so ist es gut! Immer weiter schlucken, das tut dir gut!“

Als sie alles getrunken hatte, war Kaylin wieder da, mit einer Schale Wasser und einer scharf riechenden Flüssigkeit. Zuerst wusch sie Ronja vorsichtig, wobei ihr Kaylin half, dann strich sie ihr die Flüssigkeit über ihre Seite. Dann wurde sie schnell verbunden und Kaylin und Ronja hoben sie hoch und trugen sie vorsichtig in das Haus. Nun erst bemerkte Stella, dass all die anderen Kinder rund um sie gestanden waren. Die wahrscheinlich schon ähnliches durch gemacht hatten. Denn nur die Zähesten unter ihnen überlebten. Heute war sich Stella nicht sicher, ob sie den Tag überleben würde, oder ob das das Ende war. Aber immerhin kümmerten sich Kaylin und Ronja um sie, deshalb hoffte sie, dass es noch nicht aus war. Auch wenn sie jetzt aufgrund der Medizin langsam einschlief.


Fragment Thalassa 2 hat geschrieben:„Verdammt! Verdammt! Verdammt!“

Enttäuscht rannte Stella zurück in ihre Zelle. Tränen der Wut und der Enttäuschung rannen ihr heiß über die Wangen, auch wenn sie es zu verbergen suchte. Sie hatte auf allen Ebenen enttäuscht und sie selbst war diejenige, die am meisten darunter litt!

Nur wenige Minuten später spürte sie die harte, rissige Hand mit den weichen Härchen, die sie in den Arm nahm. Sie wusste, wer da war. Wer immer da war, wenn sie, so wie jetzt, verzweifelte. An sich selbst zweifelte. An ihrer Aufgabe. Und an ihrer Unfähigkeit verzweifelte, diese ihr gestellten Aufgaben zu erfüllen.

Ein leiser Singsang ertönte an ihrem rechten Ohr. Sie hatte die Augen geschlossen und entspannte sich. Die Salzspuren unter ihren Augen verloren an Schärfe, als alle körperlichen Empfindungen in den Hintergrund traten und sie sich rein in sich selbst versenkte. Die Töne, die Kaylin ihr leise ins Ohr sang, ließen sie in sich versinken, ihre Gedanken traten zurück und ein warmer Strom kam aus ihrem tiefsten Inneren, der ihr neues Vertrauen verlieh, Mut in sich selbst zu finden.

„Was denn schon wieder?“
Nachdem Kaylin ihr mehrere Minuten Zeit gegeben hatte, sich zu beruhigen, mit Hilfe ihres unwiderstehlichen Gefühls für die inneren und äußeren Melodien, ertönte nun die vertraute Stimme leise an ihrer Seite. Stella wusste, Kaylin konnte ihre Stimme so gezielt einsetzen, dass es außer ihr niemand anderer hören konnte. Sie war die Tochter einer besonderen Bardin, und ihr magischer Gesang war das einzige, was sie von ihrer Mutter geerbt hatte (wenn man von etlichen Artefakten absah, denn ihre Mutter konnte kraft ihrer Stimme sogar das Metall verzaubern, das sie schmiedete).

„Ich schaff es nicht. Ich hab heute keine einzige Übung erfolgreich abschließen können. Ich bin so was von unfähig!“
Wieder stieg die Scham heiß in Stella auf, als sie die Worte hervorstieß,
„Ich bin nicht so stark, nicht so geschickt und auch nicht so gewandt wie andere! Keine Ahnung, warum sich alle so eine Mühe geben, aber ich schaff es einfach nicht!“
Ihre Selbstzweifel waren ihr eindeutig anzuhören.

Stille. Nicht einmal Kaylins Atem konnte Stella hören. Nur die kräftigen Arme, die sie nach wie vor festhielten, gaben ihr das vertraute Gefühl der Sicherheit, den Halt, der sie nicht ins Bodenlose stürzen ließ. Früher, in ihrem früheren Leben, hatte sie nie solche Selbstzweifel gehabt. Aber da waren die Aufgaben auch einfacher gewesen. Und vor allem, dort konnte sie sie mit ihrer Intelligenz lösen. Nun wurden aber ALLE ihre Eigenschaften gefordert – und nun merkte sie, wo sie überall den anderen gegenüber hinterher war. Abgesehen davon, dass es fast unmöglich war, dass sie willentlich eine Verbindung zu ihrer Göttin herstellte, hatte sie mit ALLEN körperlichen Aufgaben Probleme, diese zu erfüllen. Anscheinend war sie die einzige, denn außer ihr hatten diese Aufgaben wohl alle geschafft, denen sie gestellt wurden.

Nichtsdestotrotz gab ihr die Berührung Kaylins, die sie festhielt, genug Kraft, um den tiefen Fall abzustoppen. Nie zuvor, solange sie mit ihren Geschwistern zusammen war, hatte es jemand in ihrer Familie oder unter ihren Lehrern gegeben, der ihr soviel Kraft gab. Der sie aus den tiefsten Abgründen herausholen konnte, in die sie gefallen war, seit sie hier in Thalassa ihre Ausbildung begonnen hatte. So glorreich war ihr diese anfangs erschienen – und so schwer fiel es ihr, die hochgesteckten Erwartungen zu erfüllen! Der Fall war tief gewesen, denn Stella schwebte auf einer Wolke, als sie es durchgesetzt hatte, gegen den Willen ihrer Mutter hier zu bleiben und sich selbstständig ausbilden zu lassen, nicht in einem goldenen Käfig eingesperrt, wie sie früher gewesen war. Wie gesagt, der Fall war tief gewesen…

Stella war in keinster Weise darauf eingestellt, was sie erwartete. Und das Schlimmste war, dass sich alle hier noch Mühe gaben und auf sie Rücksicht nahmen! Jede andere, oder jeder andere, wäre wesentlich härter rangenommen worden – und sie hatte von den anderen Kindern erfahren, was mit denjenigen passierte, die die Erwartungen nicht erfüllten! Und das waren wesentlich höhere Anforderungen als die, die ihr gestellt worden waren!

Stella spürte, wie Kaylin hinter ihr nickte. „JA. Ja, du hast Recht. ABER du bist ein Kind, Stella, ein KIND!“ Stella schluckte hart. Was konnte sie dafür?
„Nichts, Stella, nichts!“ Kaylin schien ihre Gedanken lesen zu können!
„Gar nichts kannst du dafür. Das einzige, was du machen kannst, ist die Enttäuschung überwinden und einen festen Glauben in dich fassen. Nach vorne sehen. Noch bist du schwächer als ich und auch weniger geschickt und schnell. DAS sind meine Stärken. Aber andererseits bist du genauso intelligent wie ich. Ich habe dich oft beobachtet. Ich weiß, dass du klug bist. DAS ist deine Stärke. Du darfst nur nicht die Motivation verlieren. Immer nach vorne schauen. Immer daran denken, dass du noch lernen musst. Viel lernen. Lebenslang lernen. Vor allem eines: zu Überleben! Alles, was du lernst, dient nur diesem einen Zweck: Zu Überleben! Jeder Tag, den du überlebt hast, bringt dir neues Wissen. Verbessert dein Können. Du musst die Tage ausnützen. Nicht vergeuden. Du bist klug, Stella. Sehr klug. Denk immer an meine Worte!“

Stille. Stella wagte kaum zu atmen. Die Worte Kaylins arbeiteten sich tief in ihr Herz. Sie ließ sie in sich sinken, wie alles, was ihr ihre einzige wirkliche Vertraute sagte. Lebenslanges Lernen!

„Du bist noch so jung, Stella! Und niemand hat dich je darauf vorbereitet aufs Überleben. Im Gegensatz zu mir. Du bist aufgewachsen, und alles wurde dir abgenommen, statt dass du es selbst lernen musstest. JETZT fällt es dir natürlich schwer, die versäumten Jahre aufzuholen. Das soll kein Vorwurf sein, aber: meine Mutter wusste, was mich einst erwarten würde. Sie achtete darauf, dass ich überleben kann. Selbst überleben kann. So wurde ich als kleines Kind schon ausgebildet. Du dagegen wurdest eingesperrt. Ich will deine Eltern nicht verurteilen. Aber du musst wissen, dass du jetzt das Versäumnis der Jahre zuhause aufholen musst. Aber ich glaube fest daran, dass du das schaffen wirst. Sonst wärst du nicht meine Schülerin. Sonst hätten die Priester und die Leute aus dem Gasthaus nicht zusammengearbeitet, um dir zwei so völlig unterschiedliche Ausbildungen zukommen zu lassen. Denk daran.
Und denk daran, dass du ohne selbst vorher je so was gemacht zu haben, jetzt zwei völlig gegensätzliche Ausbildungen erlernen musst – in denen du noch dazu nicht die besten Voraussetzungen hast! Du bist sehr mutig, dass du mit deinem eigenen Willen dich dafür entschieden hast. Wäre dem nicht so gewesen, würdest du jetzt nicht hier sein. Weder hätte sich Hasdrulan so für dich eingesetzt, noch würde der Lächler seine schützende Hand über dich halten. Beide haben dir einen großen Vertrauensvorschuss gewährt – und sie verlangen keinerlei Wunder von dir. Ich weiß, dass sie wissen, dass du noch Zeit brauchst. Zeit, all das aufzuholen, was du versäumt hast. Jedes Kind, das in Thalassa aufwächst, weiß, wie es überlebt – denn sonst würde es nicht mehr leben. Du musst das erst erlernen – und das ist ein langwieriger und schwieriger Prozess, denn wir wollen ja nicht dein Leben aufs Spiel setzen.“

Leise fing Kaylin wieder mit einem Singsang an. Stella ließ sich nun tief in Kaylins Arme fallen und schloss die Augen, um Kaylins Worte in sich aufzunehmen, sich an ihnen aufzurichten, neue Kraft zu finden. Kraft, um weiter zu machen. Kraft für die Aufgaben, die ihr noch bevorstanden. Und die sie noch oft an den Abgrund führen würden. Sie merkte, sie durfte sich nicht darauf verlassen, dass Kaylin rechtzeitig da sein würde, um sie aufzufangen. Sie musste sich ein eigenes Rettungsseil erarbeiten, Kaylin würde ihr dabei helfen, aber es musste IHR Wille sein, der ihr in Zeiten der Dunkelheit den rettenden Anker vor dem Abgrund bot.


Fragment Tura 1 hat geschrieben:„Stella, kommst du bitte mal“

„Ja, Mama, was gibt es?“

Akemi führte ihre Tochter in ihr Arbeitszimmer und versperrte es sorgfältig.

„Setz dich, mein Schatz“

Stella setzte sich, ein bisschen amüsiert, ein bisschen verwundert. Ihre Mutter schaffte es immer wieder, nette Dinge so abwesend zu sagen, dass man zweifeln musste, ob sie einen überhaupt wahrnahm.

Akemi bot ihr einen Trink an. Stella roch vorsichtig und lehnte dann höflich ab.

Akemi lächelte.

Sie stellte Tee auf, dann setzte sie sich auch.

„Schatz, gestern hat mich Laura um ein Gespräch gebeten. Nein, keine Sorge, sie hat nichts über dich gesagt, aber … sieh es so, es ist mein Job, zwischen den Zeilen zu lesen. Ich hab mir so meine Gedanken gemacht. Nein, ich will nicht wissen, was und warum du in Tura gemacht hast, aber … ich wollte dich mal fragen, wie das so abläuft, mit deiner Ausbildung. Ich denke mal, was du machst, das ist nicht unbedingt das, wofür Priester so im Allgemeinen bekannt sind, dass sie tun, oder?“

„Ja, Mama.“

„Du musst wissen, wir haben viel Geld in deine Ausbildung gesteckt – nein, es ist ok. Auch wenn Larus lästert – ja, ich habe AUCH DAS mitbekommen, auch wenn er es nicht offen gesagt hat. Es war nicht in Ordnung. Aber - Ich wollte immer, dass sich meine Kinder SELBST aussuchen können, was sie werden wollen. Es ist also ok. Und es scheint so, als ob du – sagen wir, zufrieden bist. Oder? Aber – was ist es eigentlich, was du ... lernst? Weil – ich kenne aufgrund unserer Familie, was dein Vater und dein Onkel – und jetzt deine Brüder, lernen, aber die würden sicher nie das machen, was du machst. Also – ich bitte um deine Antwort!“

Stella ließ ein paar Herzschläge vergehen. Ihr Gesicht war ausdruckslos, wie Akemi verblüfft feststellte. Sie konnte nicht darin lesen, wie bei fast allen anderen Menschen. Sie ließ sich mit der Antwort Zeit, aber nicht, um sich eine Antwort zu überlegen, dass hätte Akemi mitbekommen.

„Nein. Ich werde keine Priesterin. Und auch keine Ordenskriegerin. Weder so wie Papa oder Tazio, noch so wie Onkel Nunzio oder Laurezio.“

Stella ließ sich Zeit. Akemi merkte es und sie freute sich. Ihre Tochter hätte eine gute Diplomatin abgegeben. Oder Händlerin. Aber das wollte sie nicht. Sie ließ ihr die Zeit.

„Meine Ausbildung ist auch lange noch nicht zu Ende. Derzeit – kann ich noch fast nichts. Außer, dass ich weiß, was ich alles noch lernen muss.“

Akemi nickte anerkennend. Ihre Tochter war intelligent, sie war stolz auf sie.

„Und?“

„Ich musste erst in langen Jahren das aufholen, was die anderen mir voraus waren. Nein, das sollte kein Vorwurf sein, ihr habt immer dafür gesorgt, dass ich alles hatte, was notwendig war. Ich darf mich nicht beschweren. Aber für das, was mich in Thalassa erwartete, war ich nicht gerüstet. Wenn die Leute nicht Rücksicht auf mich genommen hätten, wäre ich wahrscheinlich schon – tot.“

Stella hatte kurz gezögert und Akemi merkte es augenblicklich. Sie stieß überrascht die Luft aus und fuhr aus ihrem Stuhl hoch. Stella machte rasch eine abwehrende Handbewegung, um ihre Mutter zu beruhigen.

„Jetzt brauchst du dir keine Sorgen mehr zu machen. Jetzt ist das Schlimmste schon vorbei. Schlimm waren die ersten paar Jahre. Aber ich habe es überlebt. Ich musste es überstehen. Ich habe gelernt, zu überleben. Verstehst du? In Thalassa zu überleben. Darauf war ich nicht vorbereitet. Ich war oft nahe daran zu scheitern. Aber irgendwer war immer da, der mir Mut gab. Kaylin. Und Ronja. Und Hasdrulan, Culsana und Semorphe. Aber meistens Kaylin. Ohne sie wäre ich heute nicht da. Nicht so, wie ich jetzt vor dir stehe.“

Akemi setzte sich vorsichtig wieder. Sie hatte ihre Tochter genau im Auge behalten, trotz der Überraschung, die sie übermannt hatte. Sie hatte genug Menschenkenntnis, um in ihr zu lesen und sie hatte bemerkt, dass Stella keine Miene verzogen hatte. Ihre Tochter war … beeindruckend. Es war echt schade, dass sie nicht….
Sie schüttelte den Gedanken ab, es war ohnehin nicht realistisch. Das erste Mal war ihre Stimme weich, und es war ehrlich gemeint.

„Du hast anscheinend viel mitgemacht und viel gelernt. Wir haben das nie erfahren. Dein Vater hätte dich keine Sekunde länger dort gelassen, wenn er das gewusst hätte.“

„Ich weiß“

„Und jetzt – jetzt lernst du was?“

Stella lächelte.

„Jetzt lerne ich, was ich einmal brauchen werde. Was von mir erwartet wird.“

„Dich in der Nacht in der Stadt herumzutreiben? Nein – das ist nicht böse gemeint, Laura hat das ja auch immer gemacht, früher, als sie noch jünger war. Aber Laura war nie eine – Priesterin, oder so. Verstehst du? Wir haben ja keine Ahnung, was du wirklich machst!“

„Nein, ich lerne, in Thalassa zu überleben, nach wie vor, aber diesmal alleine. Erinnerst du dich, als wir damals alle gemeinsam das erste Mal dort waren? Es waren die Tage der Jagd, und es sind viele der Ordenskrieger gestorben. Seither – seither wird eine zweite Art Kämpfer ausgebildet. Ich bin die erste, aber nicht die einzige, die so ausgebildet wird. Ausgebildet, um während der Tage der Jagd den Spieß umzudrehen und zu überleben. Zu überleben, wenn es darum geht, die Kreaturen Molkos zurückzutreiben, wo sie herkommen. Letztes Jahr war noch zu früh für mich, aber beim nächsten Mal bin ich dabei. Beim nächsten Mal wird es meine Bewährungsprobe sein.“

Akemi sank erschüttert zurück.

„Du wirst was?“

„Ja, ich werde dabei sein. Wenn die Monster aus den Tiefen der Erde hervorkommen. Dann werde ich für Culsu in die Nacht ziehen und sie bekämpfen. Eines nach dem anderen zurück in die Hölle schicken, aus der es kommt. Es ist meine Art, mich für die Gnade, die Culsu mir erwiesen hat, zu bedanken.“

Akemi sah das Leuchten in Stellas Augen und schrak zusammen.

„Kind, was um alles in der Welt ….“

„Mutter! Dafür lebe ich seit 8 Jahren! Dafür habe ich alles gegeben, ALLES, verstehst du! Es ist der Punkt, wo ich mich beweisen kann! Beweisen, dass ich würdig vor den Augen meiner Göttin bin! Würdig für alles, was sie mir an Gnade erwiesen hat und würdig, was ich an Hilfe von all den Menschen um mich erfahren habe!“

„Dein Vater darf das nie erfahren. NIE! Hörst du. Das würde er nicht zulassen. Ich kenne ihn.“

„Ich weiß, Mama. Ich weiß. Und jetzt weißt du, warum wir alle so sorgfältig darauf aus waren, nicht zu viel zu verraten. Vater ist ein herzensguter Mensch, aber er würde es nie erlauben. Er würde mich beschützen wollen. Aber genau das KANN er nicht. Er würde sterben, bevor die erste Nacht um ist. Und es wäre absolut sinnlos, sein Tod.“

Nun nahm Akemi Stella in den Arm und drückte sie fest an sich.

„Ich weiß nicht, warum du das machst, was du machst und warum du dir ausgerechnet so etwas ausgesucht hast. Aber ich weiß, dass du zu klug bist, als dass ich mir wirklich Sorgen um dich machen müsste. Und dass du intelligente Leute um dich hast, die wissen, was sie tun. Hoffentlich!“

Nun waren doch noch ein paar Tränen in ihren Augenwinkeln aufgetaucht, aber Akemi hatte das Gefühl, einen Teil von ihr in ihrer Tochter wieder zu erkennen. Stella wusste, was sie tat. Und es war gut, dass sie hier in Tura das nicht wussten. Und wohl nie genau erfahren würden. Sie würde reichhaltig den Göttern spenden, dass diese ihre Tochter beschützten. Es konnte nicht schaden.
Galaphil
 
Beiträge: 6618
Registriert: 11. Oktober 2015, 20:46

Nächste