von Malin » 5. Januar 2024, 12:03
Glühende Hitze lag über dem Land Krahd. Doch die unzähligen untoten Kreaturen, die durch das Land marschierten, störte es nicht. Ihr Anführer, ein alter Mann, der als einziger von ihnen noch lebendig war, sah sich hasserfüllt um. Er war nach so vielen Jahren wieder hierher zurück gekehrt. Nun würden die Mörder seines Bruders für alles bezahlen. Damals, nach dem Tod seines Bruders, hatte er aus seiner Trauer und seinem Zorn heraus die übrigen Ambacu zu einer offenen Rebellion gegen die Sklavenschinder angestiftet. Diese war jedoch brutal niedergeschlagen worden und unzählige Ambacu waren umgebracht worden. Nur durch pures Glück war er selbst diesem Blutbad entkommen. Allein hatte er sich nach Norden durchgeschlagen, wo ihn die Agren freundlich aufgenommen hatten. Eine Zeit lang hatte er bei ihnen im Grauen Gebirge gelebt. Dann war weitergezogen. Er hatte das Rietland durchstreift, das jedoch größtenteils von Trollen bevölkert war, und war in den Wachsamen Wald gekommen, wo ihn die Bewahrer über das Land Krahd ausgefragt hatten. Schließlich war er sogar mit dem Schiff bis nach Hadria gefahren, wo er in Nordgard gemeinsam mit dem jungen Zauberer Varkur die Hadrische Zauberei studiert hatte. Danach war er wieder ins Graue Gebirge zurückgekehrt und hatte dieses Mal in der Winterburg gewohnt. Von dort aus hatte er sich an der Drachenmagie gestärkt und war immer mächtiger geworden. Außerdem hatte er sein Wissen über die Nekromantie genutzt, um sich nach und nach eine immer größere Armee aus untoten Kreaturen aufzubauen. In dieser ganzen Zeit hatte er nur auf einziges Ziel hingearbeitet: Sich an den Krahdern zu rächen und das verhasste Land zu zerstören. Und jetzt war es endlich so weit. Hademar zog mit seiner Armee nach Süden. Er wollte als erstes den Außenposten einnehmen. Diesen Ort zu kontrollieren, würde ihm einen wichtigen taktischen Vorteil geben. In diesem Moment ertönten die Alarmhörner. Hademar wusste, was das bedeutete. Die Wachen im Außenposten hatten seine Armee entdeckt und Alarm geschlagen. Doch wenn er Glück hatte, würde man die Alarmhörner zunächst nur darauf zurückführen, dass wieder einmal ein Sklave zu fliehen versuchte. Das würde ihm etwas Zeit verschaffen. Aber eben auch nicht allzu viel Zeit. Mittlerweile hatte seine Armee den kleinen Lavasee nördlich des Außenpostens umrundet. Einige Skrale stürmten bereits die Treppe der Festung hinauf. Kampfeslärm ertönte, als die wachhabenden Skelette sich den Angreifern entgegen stellten. Doch die wenigen Skelette waren seinen Skralen zahlenmäßig hoffnungslos unterlegen. Wenig später verstummten die Geräusche bereits wieder. Der Außenposten war eingenommen. Einige Skrale besetzten nun den Turm, während der wesentlich größere Teil sich wieder der Armee anschloss. Hademar wollte bereits wieder weiter ziehen, als ein Skral aus dem Außenposten auf ihn zu kam. In der Hand hielt er einen dunklen Schild. Hademar nahm ihn in die Hand und sofort fühlte er seinen Hass auf die Krahder noch stärker als sonst. Im gleichen Moment entflammte ein Ring aus silbernem Feuer um ihn herum. Hademar staunte. Wie waren die Krahder an eine so mächtige Waffe gekommen? Doch letztlich war es ihm egal. Wichtig war ihm nur noch der Kampf gegen seine Feinde. Er gab seinen Kreaturen ein Zeichen und schon setzte sich seine Armee wieder in Bewegung, in Richtung eines neuen wichtigen strategischen Ziels.
Hademar stand vor dem großen Schwarzen Baum. Ein bläuliches Glühen umgab den massigen Stamm. Hier lag das Zentrum der Schwarzen Hexerei. Hademar wusste, dass Nomion, der erste Hexenmeister der Krahder, ihn einst mithilfe des Samens eines anderen schwarzen Baumes aus dem Bronwald gepflanzt hatte. Nun fokussierte Hademar alle seine Gedanken auf den Baum und stellte so eine geistige Verbindung zu ihm her. Dann begann er, die Magie des Baumes in sich aufzusaugen. Er fühlte seine Macht wachsen und wusste gleichzeitig, dass auch seine Untoten nun noch weiter gestärkt wurden. Zufrieden wandte er sich ab und blickte nach Osten. Von hier aus konnte er die Feste von Borghorn gut sehen. Es würde nicht mehr lange dauern bis er sie im Lavameer versenken würde. Dann wäre endlich dieses Symbol der Unterdrückung von der Welt verschwunden. Und sein Kampf hätte endlich ein Ende. Doch bis dahin lag noch ein langer Weg vor ihm. Plötzlich flog ein riesiger Felsbrocken über den Lavafluss Enran direkt auf ihn zu. Gerade noch rechtzeitig wich er ihm aus, sodass der Felsbrocken stattdessen einen Troll traf. Dieser blieb sofort leblos liegen. Ein weiterer Felsbrocken wurde abgeschossen und flog auf die Kreaturen zu. Diese versuchten zwar auszuweichen, aber dennoch wurden gleich zwei Skrale getroffen und stürzten zu Boden. Hademar sah über den Lavafluss zu dem Wachtroll der Krahder, der gerade dabei war, einen weiteren Fels in die Wurfmaschine zu legen. Hademar murmelte einen Zauber und im nächsten Moment ging genau dort ein Blitz nieder. Der Wachtroll wurde sofort davon getötet. Auch Zera, die letzte Kriegsmaschine aus dem Krieg gegen die Drachen, ging in Flammen auf. Im gleichen Moment standen die drei getroffenen Kreaturen auch schon wieder auf, als wäre nichts gewesen. Niemand konnte seine Untoten einfach so besiegen!
Hademar erreichte mit seiner Armee den dunklen Tempel. Die dortigen Bewohner schienen noch nichts von der nahenden Bedrohung erfahren zu haben. Gerade trat ein Krahder mit einigen Ambacus heraus, die offenbar, wie einst Hademar selbst, in den dunklen Hexenkünsten der Krahder ausgebildet wurden. Das merkwürdige war nur, dass der Krahder selbst kein Hexenmeister zu sein schien. Was wollte er also mit diesen Hexer Lehrlingen? Doch Hademar hörte auf, sich darüber Gedanken zu machen, da der Krahder nun einen überraschten Schrei ausstieß. Dieser alarmierte nun auch den tatsächlichen Hexenmeister, der sofort aus dem Tempel gestürmt kam. Der Krahder schien ein herausragender Kämpfer zu sein und konnte all die Kreaturen, die ihn angriffen, auf Abstand halten. Doch plötzlich preschte ein Reiter auf einem schwarzen Pferd heran und traf den Krahder von hinten mit seinem Schwert. Obwohl es durchaus eine schwere Verletzung war, hätte der Krahder vielleicht sogar noch weiterkämpfen können. Doch da die Klinge des Reiters verflucht war, war der Krahder sofort besiegt. Ächzend brach er zusammen und blieb dann leblos am Boden liegen. Die Ambacu nutzten die Chance und rannten weg. Hademar ließ sie ziehen. Natürlich hätte er seinen Kreaturen ohne Probleme befehlen können, sie aufzuhalten. Doch dazu hatte er keinen Grund. Er hoffte, dass sie es schaffen würden zu entkommen. Allerdings hatte er jetzt Wichtigeres zu tun. Der Hexmeister schien trotz seiner zweifellosen Kenntnisse in der Magie dem anderen Krahder dennoch im direkten Kampf deutlich unterlegen zu sein. Und so hatte sich dieser mittlerweile wieder in den schützenden Tempel zurückgezogen. Doch der Tempel war längst nicht so schützend, wie er dachte. Hademar stampfte einmal mit seinem Zauberstab auf den Boden und im nächsten Moment brach der dunkle Tempel in sich zusammen und der Hexenmeister wurde unter den Trümmern begraben.
Langsam überquerte Hademar die Sklavenbrücke. Seine Armee folgte ihm. Die große Schlacht stand bevor. Denn aus Richtung der Schmiede Ruuor näherte sich gerade eine riesige Skelettarmee, mindestens doppelt so groß wie Hademars. Diese hatte sich bereits einige Wochen zuvor am nördlichen Wall versammelt und dort Hademars Angriff erwartet. Doch Hademar hatte durch einige Späher bereits davon erfahren und hatte vorsichtshalber einen Umweg gemacht und aus westlicher Richtung angriffen. So kam es, dass die Skelettarmee erst von seinem Angriff erfuhr, als er bereits das halbe Land erobert hatte. Nun waren sie doch gekommen. Hademar war klar, dass es jetzt um alles oder nichts ging. Jetzt gab es kein zurück mehr. Doch er hatte seine Entscheidung sowieso schon vor Jahren getroffen. Nun sah er die Feinde an. Angeführt wurde die feindliche Armee von zwei Krahdern. Der größere von ihnen brüllte nun einen Kriegsschrei. Daraufhin stürmten die Skelette los und kurz darauf prallten die beiden Heere aufeinander. Untote Kreaturen begannen erbitterte Gefechte. Der Klang der Waffen erfüllte die Ebene. Schon bald zeigte sich der Vorteil, der zahlenmäßig deutlich überlegenen Skelette. Diesen gelang es kurz darauf, Hademars ganze Armee einzukesseln. Es sah ganz danach aus, als wäre eine Niederlage unvermeidbar. Doch Hademar wusste es besser. Seine Untoten hatten nämlich zwei entscheidende Vorteile auf ihrer Seite: Zum einen hatte er alle Kreaturen mit Äxten ausgestattet, mit denen man ein Skelett sehr viel effizienter in seine Einzelteile zerlegen konnte, als mit Schwertern. Und wenn ein Skelett erst einmal in einen losen Knochenhaufen verwandelt worden war, konnte auch die stärkste Magie der Krahder sie nicht mehr wieder erwecken. Aber noch viel wichtiger war, dass seine Untoten praktisch unsterblich waren. Wann immer eine Kreatur besiegt wurde, dauerte es immer nur wenige Augenblicke bis sie sich wieder erhob und weiter kämpfte. Und er musste sie nicht einmal mehr selbst wieder beschwören, da dies die Magie des Schwarzen Baumes übernahm. Die einzige Möglichkeit, die Untoten endgültig zu töten, wären also Drachenrelikte. Und die hatten die Krahder natürlich nicht, da sie es sicher nicht gewohnt waren, dass ihre eigene Magie gegen sie eingesetzt wurde. Folglich hatten die Skelette über kurz oder lang keine Chance. Schon bald gelang es den Kreaturen, große Lücken in den Kreis der Skelette zu schlagen und langsam die Oberhand zu gewinnen. Doch plötzlich begann sich die Schlacht wieder gegen die Kreaturen zu wenden. Der größere der Krahder, der ein erfahrener Kriegsherr zu sein schien, griff nun in die Schlacht ein und schlug eine Kreatur nach der anderen zu Boden. Ruhig ging Hademar auf ihn zu bis er direkt vor ihm stand. Der Krahder lachte nur über ihn und holte aus, um ihn mit seinem riesigen Schwert zu töten. Doch Hademar griff nun nach dem dunklen Schild und im nächsten Moment züngelten die silbernen Flammen an dem Krahder hoch und verbrannten ihn sofort zu Asche. Hademar ließ die Flammen sich ausbreiten, sodass unzählige Skelette erfasst und verbrannt wurden. Innerhalb kürzester Zeit schrumpfte das Heer der Krahder gewaltig ein. Die verbliebenen Skelette wurden bereits von den Untoten zerschlagen. Die Schlacht war so gut wie gewonnen. Der Weg zur Feste stand ihm nun offen. Das Problem war nur, dass der feige Krahderkönig offenbar die Brücke zur Feste nicht herunterlassen hatte, um sich vor den Angreifern zu schützen. Ohne die Brücke würde es schwierig werden, in die Feste zu gelangen. Aber Hademar hatte Zeit. Plötzlich hörte er laute Schreie. Der verbliebene Krahder war in Richtung der Feste gerannt. Nun rief er: " Hilfe! Lasst mich rein! Lasst die Brücke herunter! Lasst euren Prinzen nicht im Stich! Das ist ein Befehl!" Hademar lächelte grausam. Das gestaltete sich doch viel einfacher als gedacht. Ohne übertriebene Eile, aber dennoch unnachgiebig, ließ er seine Armee auf den Krahder Prinzen zurücken. Gerade als die Brücke ganz unten war, erreichte er ihn. Der Prinz rannte nun die Brücke hinauf, doch auch die Kreaturen stürmten nun los. Dennoch schien es zunächst so, als würde er ihnen entkommen. Doch dann stolperte er plötzlich mitten auf der Brücke. Bis er wieder aufgestanden war, waren die Trolle bereits bei ihm und schlugen auf ihn ein. Der Prinz wich zurück, trat dabei über den Rand der Brücke und stürzte schreiend ins Lavameer. Kurz darauf erreichten die beiden Trolle auch schon die Feste und erledigten rasch die Skelette an der Brücke, damit sie diese nicht mehr einfahren konnten. Hademar triumphierte. Der Zugang zur Feste war offen. Nun begann er, seine Armee hinüber zu schicken. Anfangs hatte er Sorge, die Brücke könnte unter dem Gewicht der vielen Kreaturen zusammen brechen. Doch die Brücke war konstruiert worden, um das Gewicht mehrerer Krahder auszuhalten, und so hielt die mächtige Hexerei, mit der sie verstärkt war, stand. Schließlich erreichte auch er die Feste. Nun schickte er die Sakrale los, um nach weiteren Skeletten, zu suchen. Die Trolle teilte er auf. Einen Teil ließ er am Zugang zur Feste zurück, für den Fall, dass doch noch feindliche Truppen im Land unterwegs waren, die womöglich ebenfalls in die Feste wollten. Den anderen Teil nahm er als Leibwache mit. Nun würde er Gonhar suchen. Endlich würde er seinen schlimmsten Feind wieder sehen.
Zielstrebig lief er zum Thronsaal. Und dort, auf dem steinernen Thron, saß er. Gonhar. Der Mörder seines Bruders und so vieler weiterer Ambacu. Ruhig sah dieser ihn an. "Ich muss sagen, ich bin beeindruckt, dass du es so weit geschafft hast", sagte Gonhar nun, "Wie ich hörte hatten unsere Skelettarmeen keine Chance gegen dich. Auch wenn ihr wohl kaum in die Feste gelangt wäret, wenn nicht mein Sohn, diese verräterische Schlange, euch das Tor geöffnet." Hademar erwiderte kalt: "Spar dir dieses Gerede, Gonhar. Ich bin nicht gekommen, um mit dir zu plaudern. Ich bin hier, um eine alte Rechnung zu begleichen. Jeden Tag sehe ich dein hässliches Gesicht vor meinem Auge. So lange habe ich diesen Tag schon erwartet. Endlich werde ich Gerechtigkeit walten lassen. Ich werde meinen Bruder rächen!" Gonhar sah verwirrt aus: "Tut mir leid, aber ich verstehe nicht ganz, um wen es. Vermutlich habe ich zu viele Ambacu getötet, um mich an jeden einzelnen zu erinnern." Hademar trat drohend einen Schritt näher. "Sein Name war Brandur. Er war der erste, der bei dem großen Sklavenaufstand starb. Erinnert du dich an deine Gleichgültigkeit damals? Heute wirst du bereuen, was du damals getan hast!" Gonhar begann zu verstehen. "Ich verstehe deinen Schmerz. Sicher ist es schwer, jemanden zu verlieren, der einem so nahe steht. Doch heute muss deswegen nicht noch jemand sterben. Ich biete dir etwas, das deinen Verlust mehr als kompensieren sollte. Ich biete dir die gemeinsame Herrschaft über Krahd!" Hademar schrie ihn wütend an: "Wie kannst du es wagen, zu behaupten, das wäre mir mehr wert, als das Leben meines Bruders! Lieber springe ich hier und jetzt in das Lavameer, als mit dir gemeinsam zu regieren!" Gonhar zuckte mit den Schultern. "Wie du willst." Dann sprang er plötzlich auf, griff nach seinem Schwert und stürzte damit auf Hademar zu. Doch dieser hatte den hinterhältigen Angriff erwartet und bereits den dunklen Schild in der Hand gehalten. Sofort schoss eine schützende Feuerwand zwischen sie. Hademar spürte, wie sein Hass immer weiter anschwoll. Er ließ das Feuer sich immer weiter ausbreiten, sodass Gonhar zur Wand zurück weichen musste. Zum ersten Mal stand Angst in seinen Augen. Mit einem grausamen Lachen ließ Hademar die Flammen auf ihn zuschießen. Diese hüllten ihn ein und verbrannten ihn sofort. Hademar blickte zu den letzten Ambacu, die von seinen Skralen aus den Sklavenlöchern befreit worden waren und nun die Feste verlassen hatten. Dann holte er noch einmal tief Luft. Im nächsten Moment wirkte er einen Zauber, der das gesamte Fundament der Feste sprengte. Reglos sah er zu, wie die Feste mit ihm im Lavameer versank.